Partikel, Kristalle und Tröpfchen kommen in vielen chemischen Prozessen in verschiedenen Industriezweigen vor und stellen Wissenschaftler und Ingenieure oft in Bezug auf die Optimierung der Produktqualität und Prozesseffizienz vor Herausforderungen. Eine effektive Charakterisierung der Partikeleigenschaften, insbesondere der Partikelgröße und -anzahl, ermöglicht eine effektivere Verarbeitung und bessere Produktqualität. Für eine Partikelcharakterisierung können Offline-Partikelgrößenanalysatoren herangezogen werden, z. B. mit Laserbeugungstechnik oder Siebung. Es stehen aber auch Technologien zur Verfügung, die die Partikelgröße, -anzahl und Form in Echtzeit darstellen, wie sie im Prozess natürlich auftreten. Diese können in der Produktion und auch für Prozesse im Labormaßstab wie in der Prozessentwicklung beim Up-Scaling genutzt werden.
Mit Hilfe von In-situ-Messungen von Partikelsystemen können Störungen minimiert oder sogar beseitigt und die Produktqualität und Ausbeute optimiert werden. Bei der Auswahl der geeigneten prozessbegleitenden Messung sollte nicht nur die Komplexität des zu überwachenden Partikel- oder Tröpfchensystems berücksichtigt werden, sondern auch der Mehrwert für den Gesamtprozess, der erzielt werden kann. Beispielsweise kann die Auswirkung von Partikelgröße und -form auf die Effizienz und Dauer von Filtrationsschritten untersucht werden oder auch der Zusammenhang zwischen Partikelform und Auflösungsgeschwindigkeit oder Wirksamkeit von Arzneimitteln.
Partikelüberwachung im Prozess
Für die Offline- und At-line-Charakterisierung von Suspensionen und Emulsionen gibt es viele verschiedene Technologien, die jeweils die Möglichkeit bieten, verschiedene physikalische Eigenschaften von Partikeln oder Tröpfchen in Suspensionen zu charakterisieren. Im Folgenden sollen an Anwendungsbeispielen Echtzeit-Überwachungstechnologien vorgestellt werden, in denen die Tools "ParticleTrack™" mit sog. "FBRM®" (Focused Beam Reflectance Measurement)-Technologie und "EasyViewer™" mit einem Sondenmikroskop mit Submikron-Auflösung zum Einsatz kommen. Das erst genannte Tool kann direkt in Prozessen eingesetzt werden, um Partikelanzahl und -größe in Echtzeit zu messen. "EasyViewer" ist ein Inline-Tool mit Bildanalysesoftware zur Partikelgrößenanalyse mit Hilfe hochaufgelöster Mikroskopiebilder.
Eine unmittelbare Messung der Partikel und Tröpfchen, wie sie im Prozess vorliegen, kann Nutzen bringen für die
Trübung, Partikelverfolgung und In-Prozess-Bildgebung stehen jeweils für eine zunehmende Datendichte, die durch die Messung bereitgestellt wird. Im Allgemeinen ist die Trübung ein einfaches, aber leistungsfähiges Instrument zur Bestimmung des Zeitpunkts, zu dem sich die Partikel im Prozess verändern. Die Trübung ist eine Massenmessung an den Partikeln, die keine Informationen über Größe, Form oder Anzahl der Partikel liefert. Mit dem Tool "ParticleTrack" ist es möglich, sowohl Änderungen der Partikelanzahl als auch der Partikelgröße zu messen. Darüber hinaus eignet sich die prozessbegleitende Bildgebung gut für das qualitative Verständnis von Partikel- und Tröpfchensystemen. Mit dem "EasyViewer" mit der Software "iC Vision" und dem Modul "Image2Chords" können Bilder in Sehnenlängenverteilungen (CLDs) umgewandelt und zur Charakterisierung von Partikelmechanismen wie Nukleation, Wachstum, Auflösung, Bruch und Morphologieänderung verwendet werden. Dies kann genutzt werden, um Ausbeute, Reinheit, Filtration und Qualität zu verbessern. Ohne Probenentnahme oder Verdünnung können Forschende Kristalle, Partikel und Tröpfchen mit einem hohen Detailgrad visualisieren und die Anzahl, Größe und Form der Partikel verfolgen.
Bild 1 ist ein echtes In-situ-Bild, das mit EasyViewer aufgenommen wurde. Das Modul "Image2Chords" scannt das Bild und wenn ein Partikel im Fokus erkannt wird, misst es den Abstand zwischen den Partikeln. Der Abstand zwischen den Partikeln wird als Sehnenlänge bezeichnet. Die Sehnenlänge ist nicht die Partikelgröße, steht aber in engem Zusammenhang mit der Partikelgröße. "Image2Chords" scannt jedes Bild tausende Male über die Breite jeder Pixelzeile und erfasst tausende Sehnenlängen, die es der Software ermöglichen, die Sehnenlängenverteilung zu erstellen. Eine CLD ist ein dynamischer Fingerabdruck des Prozesses, der sich ändert, wenn sich der Prozess ändert.
Die Fähigkeit, zwischen Änderungen der Partikelanzahl und der Partikelgröße zu unterscheiden, ermöglicht ein grundlegend besseres Verständnis des jeweiligen Partikelsystems. Eine Image2Chords-Messung bietet die Möglichkeit, einen Fingerabdruck des Prozesses zu erstellen und diesen in Echtzeit zu überwachen. Dies ermöglicht ein höheres Maß an Prozessverständnis und -optimierung für eine gute Wiederholbarkeit von Charge zu Charge oder für die Prozesskonsistenz.
Partikelgröße und -anzahl sind wichtige Parameter, da sie die Prozesseffizienz und die Produktqualität erheblich beeinflussen können. Die Kontrolle der Partikelmorphologie ist jedoch ebenso wichtig, um die Produktspezifikationen zu erfüllen. Ein Beispiel hierfür ist Carbamazepin, ein Antikonvulsivum, das zur Vorbeugung und Kontrolle von Krampfanfällen eingesetzt wird. Carbamazepin hat sich in der Vergangenheit in Bezug auf unregelmäßige Wirkungen problematisch gezeigt. Da es mehrere polymorphe Formen mit unterschiedlichen Auflösungsgeschwindigkeiten gibt, ist auch die Kontrolle der gewünschten Form wichtig für die Wirksamkeit des Medikaments. Bild 2 zeigt mikroskopische Aufnahmen und Sehnenlängenverteilungen, die mit EasyViewer und der Image2Chords-Analyse erfasst wurden, um die morphologischen Veränderungen von Carbamazepin zu verfolgen. Die Verschiebung der Sehnenlängenverteilung nach links und oben zeigt das Wachstum der des nadelförmigen Kristalls durch die Transformation.
Mit evidenzbasierten Methoden zur Inline-Partikel-Charakterisierung können die Auswirkungen von Prozessparametern in Entwicklung, Scale-Ups und der Produktion festgestellt und daraus verbessernde Maßnahmen erkannt und eingeleitet werden.
Quelle: LABO vom 23.05.2023